Histamin

Was ein rotes Gesicht nach dem Essen bedeuten kann

Ein Stück Käse mit Rotwein und schon rast das Herz, das Gesicht ist rot und es kommt zu Bauchkrämpfen? Das kann an einer Histaminintoleranz liegen. Was ist Histamin überhaupt und warum kommt es zu solchen Beschwerden?
Ein Stück Käse mit Rotwein und schon rast das Herz, das Gesicht ist rot und es kommt zu Bauchkrämpfen? Das kann an einer Histaminintoleranz liegen. Was ist Histamin überhaupt und warum kommt es zu solchen Beschwerden?

Histamin ist ein lebensnotwendiger Naturstoff. Es wirkt in unserem Körper als Gewebshormon, ist aber auch im Pflanzenreich, im tierischen Organismus und in Bakterien verbreitet. Besonders hohe Konzentrationen an Histamin sind in Haut, Lunge, Magen, Darm und im Zwischenhirn zu finden. Seine wichtigste Aufgabe ist die Abwehr gegen körperfremde Stoffe. Sobald diese in unseren Körper gelangen, sei es durch die Nahrung oder durch Verletzung, wird Histamin in grösseren Mengen gebildet. Es sorgt dafür, dass das Gewebe anschwillt und dieser scheinbar unangenehme Prozess ist absolut sinnvoll und schützend für uns. Darüber hinaus ist Histamin ein wichtiger Regulator des Zentralnervensystems, welcher an der Kontrolle von Appetit und des Schlaf-Wach-Rhythmus, aber auch an der Steuerung der Magensäureproduktion beteiligt ist.

In der Regel vertragen wir das in Lebensmitteln vorkommende Histamin gut. Das Enzym Diaminoxidase (DAO), welches im Darm gebildet wird, sorgt dafür, dass die Produktion, die Zufuhr und der Abbau von Histamin im Gleichgewicht bleiben. Gerät dieser von uns nicht wahrnehmbare Prozess aus der Balance, kommt es zu einer Histaminintoleranz. Ein Mangel an Vitamin B6 und Kupfer kann die Situation zusätzlich verschlimmern, da diese Stoffe als Co-Faktoren für DAO-Aktivität benötigt werden. Das Missverhältnis zwischen dem Angebot und dem Abbau von Histamin ruft eine Vielzahl Beschwerden hervor, da Histamin nur teilweise abgebaut wird und histaminhaltige Nahrung pseudoallergische Reaktionen des Körpers fördert oder auslösen kann.

Da Histamin in vielen Organen steckt, kann sich ein Überfluss an diesem Stoff an unterschiedlichen Stellen in unserem Körper durch verschiedene Beschwerden äussern. Husten, Atemnot, Kopfschmerzen, Juckreiz, Herzrasen, Rötung, Schwellung, saures Aufstossen, Schlafstörungen, Übelkeit sowie Krämpfe im Magen-Darm-Trakt und in der Gebärmutter sind noch längst nicht alle möglichen Symptome. Am häufigsten treten Verdauungsbeschwerden, Unverträglichkeit bestimmter Nahrungsmittel, eine verstopfte Nase und geschwollene Schleimhäute auf.

Warum kommt es bei manchen Menschen zu einer Histaminintoleranz und bei den anderen nicht? Obwohl die Gründe dafür noch nicht vollständig erforscht sind, gehen die Forscher davon aus, dass Geschlecht und Hormonhaushalt, Ernährung, Medikamente, ein Mangel an bestimmten Nährstoffen, die Neigung zu Allergien und andere Erkrankungen dabei eine Rolle spielen. Und ein hohes Stressniveau beeinflusst weiterhin den Schweregrad der Symptome.

Bei einer Histaminintoleranz ist eine komplette Ernährungsumstellung wichtig. Folgende wertvolle Ernährungstipps können Ihnen dabei helfen.

  • Die Toleranzschwelle ist individuell unterschiedlich. Es empfiehlt sich, ein Ernährungstagebuch zu führen, um festzustellen, welche Mengen an Histamin Sie beschwerdefrei aufnehmen können. Notieren Sie einige Wochen lang gründlich alles, was Sie essen und trinken und welche Beschwerden danach auftreten. Das hilft Ihrem Ernährungsmediziner, einen persönlichen Ernährungsplan für Sie zu entwerfen.
  • Als höchstwirksam gilt die 3-wöchige Karenz: man meidet im Laufe von drei Wochen histaminreiche Lebensmittel und Produkte, welche eine vermehrte Histaminausschüttung fördern oder den Histaminabbau hemmen, damit sich die gereizte Darmschleimhaut erholt. Danach kann man langsam einzelne histaminreiche Lebensmittel hinzufügen und jedes Mal zwei Tage lang prüfen, wie es sich damit verhält.
  • Zu den histaminreichen Lebensmitteln zählen: Käse (besonders Hartkäse), eingelegte und konservierte Lebensmittel, geräuchertes Fleisch, Schinken, Salami, Thunfisch, Hering, Sardellen und Makrelen, Meeresfrüchte und Fischkonserven, Sojaprodukte, Sauerkraut, Birnen, Auberginen, Orangen, Kiwi, Produkte aus Weizen, Hefe, Nüsse, Essig.
  • Beachten Sie, dass die gemeinsame Einnahme sogar kleineren Mengen histaminhaltiger Produkte mit Alkohol das Auftreten von Symptomen begünstigt. Besonders histaminreich sind französischer Rotwein, Chianti und Muskatwein.
  • Man sollte auch Lebensmittel meiden, welche zwar selbst nicht viel Histamin enthalten, aber im Körper gespeichertes Histamin freisetzen können. Dazu zählen Zitrusfrüchte, Erdbeeren, Schokolade, Bananen, Hülsenfrüchte, Koffein, Tomaten, Spinat, Avocado, Bohnen und Alkohol.
  • Zu eliminieren sind auch Produkte, die DAO-Enzym hemmen. Das sind schwarzer und grüner Tee, Brennnesseltee, Energydrinks, Alkohol sowie Lebensmittelzusätze (Glutamat, Benzoate, Farbstoffe, Sulfite, Nitrite).
  • Zu den histaminarmen Lebensmitteln gehören Frischkäse, frisches, gekühltes oder gefrorenes Fleisch, fangfrischer Fisch und frische Meeresfrüchte, frisches Obst (Melone, Heidelbeeren, Preiselbeeren, Litchis, Mango, Khaki, Rhabarber, Kirschen, Blaubeeren, Johannisbeeren, Aprikosen, Äpfel), frisches Gemüse (grüner Salat, alle Kohlsorten, Rote Beete, Kürbis, Zwiebel, Radieschen, Rettich, Rapunzel, Paprika, Karotten, Kartoffeln, Gurke, Lauch, Zucchini, Mais, Spargel, Knoblauch), Teigwaren und Getreide (Dinkel-, Mais-, Reisnudeln, hefefreies Roggenbrot, Mais- oder Reisknäckebrot, Reis, Haferflocken, Mais-, Reis- und Hirsemehl), Gemüsesäfte, Kräutertee und Eigelb. Beachten Sie jedoch, dass die Histaminarmut eines Lebensmittels allein noch nichts über seine Verträglichkeit für einen konkreten Betroffenen aussagt.
  • Allgemein gilt: essen Sie alle Lebensmittel möglichst frisch, verzehren Sie keine überreifen Lebensmittel, keine Produkte mit Gärungs- bzw. Reifevorgang (wie Sauerkraut, Parmesan). Wässern Sie Fisch vor der Zubereitung, da Histamin wasserlöslich ist. Bevorzugen Sie junge Käsesorten (wie Butterkäse), Streichkäse, Frischkäse, Cottage Cheese und Topfen statt Hartkäse und langgereiften Käse, Kochwurst statt Rohwurst, Salzstangen und Kartoffelchips (natürlich ohne Geschmacksverstärker und Hefeextrakt) statt Nüssen.
  • Beachten Sie, dass Histamin auch durch die Lagerung und Verarbeitung von Lebensmitteln entsteht. Lang gelagerte Produkte, warmgehaltene oder wieder aufgewärmte Speisen, insbesondere mit einem hohen Gehalt an Eiweiss, bereiten den von Histaminintoleranz Betroffenen viele Probleme.
  • Ein gesunder Darm spielt eine wichtige Rolle im Kampf gegen Histaminintoleranz. Bakterienstämme wie Bifidobakterien, Lactobacillus gasseri, Lactobacillus rhamnosus und Lactobacillus salivarius unterstützen Ihre Darmflora in ihrer Balance. Bifidobakterium longum und Bifidobakterium infantis wirken sogar histaminsenkend.
  • Sinnvoll ist die Einnahme von Vitaminpräparaten mit Vitamin C und B6, welche als Co-Faktoren der Diaminooxidase dienen. Konsultieren Sie Ihren Arzt betreffs passender Dosierung und Form.
  • Die Einnahme von Antihistaminika eine halbe bis eine Stunde vor der Mahlzeit hilft, wenn Sie trotz Histaminintoleranz einmal Käse und Rotwein geniessen möchten.
Diese Tipps und Tricks sorgen für eine gesunde Umstellung der Ernährungsgewohnheiten, welche bestimmt Linderung bringt!

Haben Sie Beschwerden nach dem Verzehr von histaminreichen Produkten?

nie
häufig
nur gemeinsam mit Alkohol
immer
239 Stimmen
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editorial.facts

  • Die Brennnessel ist das bekannteste Beispiel für histaminreiche Pflanzen und löst juckende Hautreaktionen bei einer Berührung der histaminreichen Härchen aus.
  • Die Verträglichkeitsgrenze von Histamin liegt bei einem durchschnittlichen Menschen bei etwa 10 Gramm.
  • 80 Prozent Frauen im mittleren Alter sind von einer Histaminintoleranz betroffen. Dabei kann das in Gebärmutter und in Eierstöcken produzierte Histamin zyklusabhängige Beschwerden fördern.