Schmerztherapie

Das sind die Wege aus der Hölle

Schmerz ist weit mehr als ein unangenehmes Gefühl. Er ist ein komplexes Warnsystem unseres Körpers und gleichzeitig ein ständiger Begleiter von Millionen Menschen weltweit. Die moderne Schmerztherapie zeigt, dass Linderung oft dort beginnt, wo wir den Schmerz verstehen und akzeptieren – mit Ansätzen, die von Medikamenten über alternative Therapien bis hin zu mentalen Techniken reichen.

Was bedeutet eigentlich Schmerztherapie?

Schmerztherapie umfasst alle Behandlungsmassnahmen, die helfen, Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Sie richtet sich vor allem an Menschen mit chronischen Schmerzen, die ihren Alltag stark beeinträchtigen. 

Das Ziel der Schmerztherapie ist nicht unbedingt völlige Schmerzfreiheit, sondern ein erträglicher Zustand, der den Patienten wieder mehr Lebensfreude ermöglicht. Neben Medikamenten setzt die Therapie auf Strategien, die zu mehr sozialer, körperlicher und kultureller Aktivität anregen. Akute Schmerzen werden behandelt, um eine Chronifizierung zu verhindern, während chronische Schmerzen ganzheitlich angegangen werden.

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  • Schmerz hat eine lebenswichtige Schutzfunktion, indem er vor möglichen Verletzungen oder Gefahren warnt. Ohne diese Funktion wäre der Mensch viel verletzungsanfälliger.
  • Der Körper produziert eigene schmerzlindernde Substanzen, wie Endorphine, die Schmerzen unterdrücken können. Diese „körpereigenen Morphine“ helfen, den Schmerz zumindest vorübergehend zu kontrollieren.
  • Chronische oder starke Schmerzen prägen sich ins Gedächtnis ein, was die Empfindlichkeit gegenüber Schmerz erhöht, anstatt uns „abzuhärten“.
  • Negative Gefühle verstärken die innere Anspannung und damit oft auch den Schmerz. Positive Erlebnisse oder das Gefühl von Geborgenheit hingegen können den Schmerz erträglicher machen.
  • Die Stärke des Schmerzes entspricht oft nicht dem tatsächlichen körperlichen Schaden. Ein Mensch kann z. B. starke Rückenschmerzen ohne sichtbaren Grund haben, während andere bei grossen Verletzungen kaum Schmerzen verspüren.
  • Das Gehirn kann Schmerzsignale senden, auch wenn keine echte Gefahr besteht. Angst vor Schmerzen, wie etwa bei Bewegung, kann diese verstärken, weshalb Schmerztherapien oft auf die Angstbewältigung abzielen.

Was unterscheidet akute und chronische Schmerzen?

Akute und chronische Schmerzen unterscheiden sich vor allem in ihrer Dauer, Ursache und Funktion. 

Akuter Schmerz tritt plötzlich auf und hat eine klare Schutzfunktion: Er warnt vor Verletzungen oder Überlastungen und bewirkt Reflexe wie das rasche Zurückziehen bei Berührung einer heissen Oberfläche. Diese Schmerzen werden durch Gewebeschädigungen ausgelöst und das Schmerzsignal wird blitzschnell über spezielle Nervenbahnen ans Gehirn geleitet. Dadurch reagiert der Körper, oft sogar mit vorübergehender Schmerzlinderung durch körpereigene Endorphine.

Chronischer Schmerz hingegen besteht über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten, oft unabhängig von einer direkten Gewebeschädigung. Chronische Schmerzen entstehen durch Veränderungen im Nervensystem, wodurch sich ein sogenanntes „Schmerzgedächtnis“ entwickelt. Schon geringste Reize können auf diese Weise Schmerzen auslösen, selbst ohne akute Ursache. Chronische Schmerzen haben keine Schutzfunktion und beeinträchtigen das Leben langfristig, oft verbunden mit Schlafstörungen, Erschöpfung und eingeschränkter Beweglichkeit. Beispiele hierfür sind Erkrankungen wie Rheuma, Arthrose oder Fibromyalgie.

Wie lindern Sie in der Regel heute Schmerzen?

Entspannungstechniken
Schmerzmittel
Natürliche Mittel
Kälte- oder Wärmeanwendungen
Medizinische Therapien
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Welche Therapie gibt es bei chronischen Schmerzen?

Chronische Schmerzen können das Leben erheblich einschränken und führen oft zu Belastungen im Alltag. Um die Entstehung chronischer Schmerzen zu verhindern oder bestehende Beschwerden zu lindern, ist eine spezialisierte und frühzeitige Schmerztherapie entscheidend.

Die sogenannte multimodale Schmerztherapie, die sich besonders bei langanhaltenden oder wiederkehrenden Schmerzen bewährt, kombiniert verschiedene Behandlungsansätze. Hierbei werden medikamentöse, physiotherapeutische, psychologische und manchmal auch invasive Verfahren aufeinander abgestimmt eingesetzt. Ziel ist es, den Schmerz in seiner Gesamtheit zu behandeln, die Lebensqualität zu verbessern und das Schmerzgedächtnis des Körpers nachhaltig zu beeinflussen.

Wie verläuft eine multimodale Schmerztherapie?

Die multimodale Schmerztherapie ist ein integrativer Ansatz, der darauf abzielt, chronische Schmerzen zu lindern und ihre Auswirkungen auf das tägliche Leben zu verringern. Diese Therapie wird in der Regel von einem interdisziplinären Team aus Ärzten, Psychologen und Therapeuten durchgeführt, das nach einer umfassenden Diagnostik einen individuellen Behandlungsplan erstellt.

Der Ablauf einer multimodalen Schmerztherapie beginnt mit einer sorgfältigen Untersuchung, die nicht nur den medizinischen Zustand des Patienten berücksichtigt, sondern auch psychologische und soziale Aspekte des Schmerzes einbezieht. Ein wichtiger Teil der Therapie ist die Informationsvermittlung. Patienten lernen über die Funktionsweise ihres Körpers, die Ursachen von Schmerzen und wie sie ihre Beschwerden besser verstehen und bewältigen können.

Die Therapie umfasst sowohl Einzel- als auch Gruppensitzungen, die unterschiedliche Schwerpunkte haben. Eine zentrale Rolle spielt die körperliche Aktivierung durch Physiotherapie und Sporttherapie, bei der gezielte Übungen zur Stärkung und Dehnung der Muskulatur durchgeführt werden. Dabei wird auch die Freude an Bewegung wiedererweckt und es werden Techniken zur Überwindung von Bewegungs- und Schmerzängsten erlernt.

Psychologische Unterstützung ist ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der multimodalen Schmerztherapie. Chronische Schmerzen werden oft durch Stress, Angst und negative Gedanken beeinflusst. In der psychologischen Schmerztherapie geht es darum, diese psychischen Belastungen zu erkennen und durch gezielte Techniken wie Stressbewältigung, Achtsamkeit und kognitive Umstrukturierung zu reduzieren. Dies hilft den Patienten, besser mit ihren Schmerzen umzugehen und ihre Lebensqualität zu verbessern.

Zusätzlich werden Entspannungsverfahren und Methoden zur Spannungsregulation eingeführt, die den Patienten helfen, Anspannung abzubauen und ihre Körperwahrnehmung zu schulen. Das erlernte Wissen und die Techniken sollen dann in den Alltag integriert werden, um die Selbstbehandlung der Schmerzen zu fördern und die Lebensqualität langfristig zu steigern.

Ergotherapie und Ernährungsberatung ergänzen den Therapieplan, um die physische und mentale Belastbarkeit zu erhöhen und eine gesunde Lebensweise zu fördern. In einigen Fällen werden auch alternative Heilmethoden wie Akupunktur, Neuraltherapie oder Homöopathie in Betracht gezogen, um zusätzliche Linderung zu verschaffen.

Das Ziel der multimodalen Schmerztherapie ist es, den Patienten zu einem selbstbestimmten Umgang mit ihren chronischen Schmerzen zu befähigen, ihre Lebensfreude zurückzugewinnen und die Chronifizierung von Schmerzen zu verhindern. Während des gesamten Prozesses werden die Fortschritte regelmässig überprüft und es besteht die Möglichkeit, Anpassungen an der Therapie vorzunehmen, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.

Welche Vorteile hat Wärme bei der Schmerzbehandlung?

Wärmetherapie bietet vielfältige Vorteile in der Schmerztherapie. Sie nutzt verschiedene Wärmequellen wie Heissluft, Infrarot oder Warmpackungen mit Peloiden, um das Gewebe zu erwärmen und die Durchblutung anzuregen. Dies fördert den Abtransport von Stoffwechselabfallprodukten und Entzündungsstoffen und versorgt betroffene Bereiche vermehrt mit Sauerstoff und Nährstoffen. 

Besonders die Tiefenwärme, die sich bis in tiefe Muskelschichten vordringt, löst Verspannungen und sorgt für Relax im Gewebe. Lokal angewendet, stimuliert die Wärme zudem Wärmerezeptoren, wodurch weniger Schmerzsignale zum Gehirn gelangen – das reduziert die Schmerzintensität. Durch die Gefässerweiterung und den angeregten Stoffwechsel wird die Wiederherstellung des Gewebes unterstützt. 

Wärmetherapie ist besonders wirksam bei nicht-entzündlichen Schmerzen und chronischen Schmerzzuständen, die durch Verspannungen oder Durchblutungsstörungen bedingt sind. Häufige Anwendungsgebiete sind Arthrose und rheumatische Erkrankungen, Rücken- und Nackenschmerzen, Muskelverspannungen, Menstruationsbeschwerden und Fibromyalgie. Die Wärmetherapie eignet sich jedoch nicht bei akuten Entzündungen, da Wärme hier die Symptome verschlimmern kann.

Was ist das Ziel der psychologischen Schmerztherapie?

Das Ziel der psychologischen Schmerztherapie besteht darin, den Kreislauf aus Schmerz, Angst und Depression zu durchbrechen, der oft die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen stark beeinträchtigt. Eine psychische Betreuung ist daher ein wesentlicher Bestandteil der Schmerztherapie.

Durch den Einsatz von verhaltenstherapeutischen Massnahmen, wie kognitiver Therapie, Aufmerksamkeitslenkung, Selbstfürsorge und Entspannungsübungen (z. B. Progressive Muskelentspannung und Autogenes Training), soll den Patienten geholfen werden, die Verbindung zwischen ihren psychischen Zuständen und der Schmerzwahrnehmung zu erkennen und zu verändern. Moderne bildgebende Verfahren ermöglichen es, die Zusammenhänge zwischen somatischer Schmerzwahrnehmung und den emotionalen Prozessen im Gehirn sichtbar zu machen. Diese Erkenntnisse helfen zu verstehen, wie Gefühle wie Traurigkeit, Angst oder Hilflosigkeit die Wahrnehmung von Schmerz intensivieren können.

Ein zentrales Anliegen der psychologischen Schmerztherapie ist es, ungünstige Verhaltensmuster zu identifizieren und zu verändern, die zur Aufrechterhaltung von Schmerzen beitragen können. Indem die Therapie die Selbstakzeptanz, die Selbstwirksamkeitserwartung und das Selbstwertgefühl der Patienten stärkt, fördert sie eine optimistisch-realistische Denkweise und unterstützt die Patienten dabei, ihre Schmerzen besser zu akzeptieren und zu bewältigen.

Insgesamt zielt die psychologische Schmerztherapie darauf ab, die negativen Auswirkungen chronischer Schmerzen zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern, indem sie ein besseres Verständnis für die eigenen körperlichen und psychischen Prozesse entwickelt.

Was tun bei chronischen Schmerzen: Tipps zur Steigerung der Lebensqualität

  • Regelmässige körperliche Aktivität ist entscheidend. Aktivitäten wie Wandern, Walken, Schwimmen und Radfahren können die Schmerzempfindung positiv beeinflussen. Beginnen Sie langsam und steigern Sie die Intensität allmählich, um Überlastungen zu vermeiden.
  • Lassen Sie sich von einem Physiotherapeuten anleiten, um ein leichtes Gerätetraining in Ihren Alltag einzuführen. Dies kann zur Kräftigung und Dehnung der Muskulatur beitragen und Schmerzen lindern.
  • Nutzen Sie Massagen, Wärme- und Kälteanwendungen sowie Elektrotherapie (TENS). Diese Methoden können Muskelverspannungen lösen, die Durchblutung fördern und Schmerzen reduzieren.
  • Probieren Sie Akupunktur aus. Diese traditionelle Methode der chinesischen Medizin kann bei bestimmten Schmerzarten wie Kopfschmerzen, Rheuma und Arthrose hilfreich sein. Informieren Sie sich, ob diese Behandlungsmethode von Ihrer Krankenkasse übernommen wird.
  • Erlernen Sie Entspannungstechniken. Methoden wie Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training können helfen, Stress abzubauen und die Schmerzempfindung zu verringern.
  • Strategien zur Schmerzbewältigung, die auf der kognitiven Verhaltenstherapie basieren, können Ihnen helfen, negative Gedankenmuster zu erkennen und zu verändern, die mit Ihren Schmerzen verbunden sind.
  • Treten Sie Selbsthilfegruppen bei. Der Austausch mit anderen Betroffenen kann emotionalen Rückhalt bieten und neue Perspektiven im Umgang mit chronischen Schmerzen eröffnen.
  • Nehmen Sie Funktionstraining in Anspruch. Ihr Arzt kann Ihnen für bis zu 24 Monaten Funktionstraining verordnen, um gezielt an der Verbesserung Ihrer Beweglichkeit und Schmerzbewältigung zu arbeiten.
  • Eine ausgewogene Ernährung kann Ihre allgemeine Gesundheit unterstützen und Entzündungen im Körper reduzieren, was sich positiv auf die Schmerzlinderung auswirken kann.
  • Besprechen Sie regelmässig mit Ihrem Arzt oder Schmerztherapeuten Ihre Schmerzen und den Fortschritt. Möglicherweise können alternative Therapien oder Anpassungen an Ihrem Behandlungsplan vorgenommen werden, um die Schmerzen besser zu lindern.

Schmerztherapie ist mehr als nur Schmerzlinderung – sie ist ein ganzheitlicher Ansatz, der Körper, Seele und soziales Umfeld berücksichtigt. Durch individuell angepasste Behandlungsstrategien, die von medikamentösen über psychologische bis hin zu körperlichen Methoden reichen, können Menschen lernen, mit ihren Schmerzen umzugehen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Mit der richtigen Unterstützung ist es möglich, nicht nur die Kontrolle über die Schmerzen wiederzuerlangen, sondern auch ein erfülltes Leben zu führen – trotz der Herausforderungen, die Schmerzen mit sich bringen können!